Der Atem ist eng mit dem Leben verbunden. Und Leben mit Qi. Es liegt also auf der Hand, dass der Atem im Tai Chi und Qi Gong eine wichtige Rolle spielt. Dabei ist ein achtsamer Umgang damit wichtig, denn wenn der Atem zu forciert geübt wird, neigt der Atemapparat zu Verkrampfungen und Verspannungen. Deshalb besteht ein Teil des Trainings darin, sich nicht auf die Atmung zu konzentrieren, sondern einfach zu üben. In diesem Blog lassen wir einmal diesen Aspekt beiseite und schauen uns genauer an, worauf wir im Tai Chi bei der Atmung achten und welche Tipps es dazu gibt.
Wie Atmen beim Tai Chi?
Normale Atmung ist am besten. Aber was heißt normal? In einem entspannten körperlichen und geistigen Zustand neigt der Körper zur Bauchatmung. Das kann man bei Babys und Kleinkindern beobachten. Bei körperlicher Anstrengung und Stress neigt der Körper automatisch mehr zur Brustatmung.
Dieses Prinzip nutzen wir im Tai Chi, um aus dem Stress in die Entspannung zu kommen. Unser Ziel ist es, immer mehr in eine entspannte Bauchatmung zu kommen. Sei es im Alltag oder beim Üben von Tai Chi oder Qi Gong.
Vorteile der Bauchatmung
Die entspannte Bauchatmung unterstützt das Nervensystem aus dem Kampf-Flucht-Mechanismus herauszukommen und kann zu einer tiefen Regulation des Nervensystems führen. Und dadurch den Abbau der Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin unterstützten.
Das Zwerchfell senkt sich bei jeder Einatmung leicht ab und hebt sich bei jeder Ausatmung. Dieses Absenken des Zwerchfells bewirkt bei jedem Einatmen eine leichte Kompression des Bauchraums und der Bauchorgane und bei jedem Ausatmen eine leichte Dekompression der Organe. Dies ist gesund für die Organe und kann sie in ihrer Funktion unterstützen.
Eine Bauchatmung hilft das Qi zu senken. Aber Vorsicht, bei einer forcierten Bauchatmung oder einem blockierten Zwerchfell passiert das Gegenteil und das Qi steigt oder staut sich.
Verfeinerung des Ting (Wahrnehmung) und des Song (Loslassen), da das Nervensystem in die Regulation kommt.
In der inneren Praxis (Nei Gong) dient die Bauchatmung auch als Sicherheitsnetz, um zu verhindern, dass das Nervensystem nicht überbeansprucht und geschädigt wird.
Brustatmung
Die Brustatmung hat genau wie die Bauchatmung auch positive Aspekte und Vorteile. So ist es natürlich, dass der Körper ab einer gewissen körperlichen Belastung auf Brustatmung umstellt. Dadurch kann mehr und schneller Sauerstoff in die Lunge gelangen, was die Leistungsfähigkeit des Körpers erhöht. Neben der größeren Atemmenge kann dies für den Brustkorb, das Herz und die Lungen gesund sein, da Sie aktiver und beweglicher werden.
Tendenziell bringt die Brustatmung das Qi zum Steigen und führt das Nervensystem leichter in den Kampf- oder Fluchtmechanismus. Beides wollen wir sowohl im Tai Chi als auch im Qi Gong vermeiden.
In manchen Yoga- oder Breathwork-Systemen wird gerade der Aspekt der erhöhten Sauerstoffzufuhr durch spezifische Atemtechniken erzeugt. Dies kann in der Folge zu tiefer Entspannung, verändertem Gemüts-/Geisteszustand und/oder mehr Energie und Vitalität führen.
Im Tai Chi wollen wir nicht im Nachhinein eine tiefe Entspannung, einen veränderten Geisteszustand und mehr Energie, sondern wir wollen es kultivieren und in jedem Moment, im Alltag, bei der Arbeit, in der Freizeit etc. zugänglich haben. Für diese Art der Kultivierung ist die entspannte Bauchatmung genau das Richtige.
Aus der Sicht der TCM und der Kultivierungspraktiken (Tai Chi, Qi Gong, Nei Gong) wird auch immer die Vorsicht erwähnt, wenn es um Praktiken geht, bei denen schnell Energie erzeugt werden kann. Denn die Frage ist: Woher kommt die Energie? Wenn Sie aus anderen Bereichen gezogen wird, wie hoch ist dann die Gefahr, dass diese Bereiche geschwächt werden? Laut der TCM wären es hier z.B. die Niere und das Jing welches geschwächt wird. Diese Aspekte werden nicht sofort sichtbar, sondern erst wenn die Speicher über länger Zeit übermässig angezapft wurden, kann es zu gesundheitlichen Problemen führen. Wie kannst du dir also sicher sein, woher du die zusätzliche Energie beziehst? Wenn du darüber nachdenkst, wirst du wahrscheinlich zu dem Schluss kommen, dass du dir nie sicher sein kannst. Aus diesem Grund haben die alten Tai Chi Meister den Weg des kultivieren, des sinken und des auffüllen des Qi gewählt. Es ist wahrscheinlich ein längerer Weg zu mehr Vitalität und Energie, aber es ist ein sicherer Weg.
Atmung im Alltag
Natürlich gibt es im Tai Chi auch mehr als «nur» die Bauchatmung, aber wenn du deine Atmung noch nicht so weit kultiviert hast, dass deine normale Atmung die Bauchatmung ist, dann macht es aus unserer Sicht keinen Sinn, andere Atemtechniken zu lernen.
Der erste Schritt ist also die normale Bauchatmung. Das ist kein leichtes Unterfangen und es kann Jahre regelmäßiger Praxis dauern, bis wir an dem Punkt sind, an dem wir sagen können, dass wir den größten Teil unseres Lebens in entspannter Bauchatmung verbringen. Wenn du schon so weit bist, gratuliere ich dir, denn das ist nicht selbstverständlich. Auch wenn es normale Atmung genannt wird.
Wenn du noch nicht so weit bist, hier ein paar Tipps:
achte auf allgemeine Entspannung und Leichtigkeit in deinen Emotionen und deinem Geist.
finde Unterstützung bei Massagen, Körpertherapien oder anderen Therapieformen, die helfen, aus dem Kampf-Flucht-Mechanismus auszusteigen und auf körperlicher Ebene helfen, das Zwerchfell zu entspannen.
Meditation
Körperöffnungsübungen um den Torso (Bauch und Brustraum) zu öffnen.
Versuche immer in Richtung Weichheit, Leichtigkeit und Raum zu gehen, atmen zu lassen und weg von forcieren. Falls du den Dissolve Prozess kennst, nutze ihn für deine Atmung.
Weitere kleine Unterstützungen wie (warmes Bad, gute Ernährung etc.)
Achte mehrmals am Tag auf deine Atmung. (Zb. Während du auf den Zug wartest, wenn im Auto sitzt, etc.)
Jeden Morgen nach dem Aufwachen im Bett, beide Hände auf den Bauch legen und den Tag mit einer angenehmen Bauchatmung beginnen.
Gerne kannst du deine Erfahrungen und Gedanken zur Atmung unten in den Kommentaren hinterlassen und ich wünsche dir viel Spaß beim Erforschen, Entwickeln und Verfeinern deiner Atmung.
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